Ihr wird nachgesagt, besonders hohe Erwartungen und Ansprüche an die Sinnhaftigkeit ihrer beruflichen Tätigkeiten zu stellen. Was ist dran an der Generation Y (Why)?
Einschneidende Ereignisse wie eine wirtschaftliche Krise, politische Instabilität, eine Naturkatastrophe oder die Corona-Pandemie können das Weltbild und die Lebenseinstellung nachhaltig verändern. Aber prägen sie auch eine ganze heranwachsende Generation? Expertinnen und Experten sehen den Generationsbegriff durchaus kritisch (vgl. Hardering, 2018; Metzler et al., 2014). Es fehlen sowohl ein einheitliches Verständnis, welche Geburtenjahrgänge einer jeweiligen Generation zugerechnet werden, als auch belastbare Nachweise, dass sich bestimmte Generationen – über ihren Lebensverlauf hinweg – in ihren Werten und Einstellungen grundlegend unterscheiden.
Trotzdem wird viel über Generationen und ihre Besonderheitendiskutiert.Sich im Zeitablauf wandelndegesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie der technologische Fortschrittbietenjüngeren Generationenheuteandere Chancen beim Berufseinstieg, stellen sie aber auch gleichermaßen vor neue Herausforderungen. Die unterschiedlichen Voraussetzungenspiegeln sich auchden jeweiligenPräferenzenfür bestimmte Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen wider. Häufigwirdder Generation Y, die mit 15,7 Millionen Menschen in Deutschlandim Jahr 2019diezweitstärkste Bevölkerungsgruppedarstellt, nachgesagt,besonders hoheErwartungen und Ansprüche an ihre berufliche Tätigkeit zu stellen, in der sie sich selbst verwirklichen wollen (DGFP,2011;Kienbaum, 2019).
Bevölkerung in Deutschland nach Generationen 2019
Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner in Deutschland nach Generationen am 31. Dezember 2019 (in Millionen)
Generation Alpha (Bis 9 Jahre) | 7,69 |
Generation Z (10 bis 23 Jahre) | 11,32 |
Generation Y (24 bis 38 Jahre) | 15,73 |
Generation X (39 bis 53 Jahre) | 12,72 |
Nachkriegs-Generation (64 bis 73 Jahre) | 9,02 |
Generation bis '45 (ab 74 Jahre) | 10,12 |
Quelle:Statistisches Bundesamt, 2020,Fortschreibung desBevölkerungsstands auf Basis des Zensus 2011 (statistaID1130193)
Doch wird die Arbeitswelt diesen Erwartungen auch gerecht oder ist die berufliche Tätigkeit sowieso nur noch Nebensache? In Deutschland empfinden 2018 rund 78 Prozent aller Erwerbstätigen ihre Tätigkeit häufig als wichtig (mehr dazu unter Daten kompakt). Zudem haben laut einer internationalen Befragung durch Eurofound im Jahr 2015 rund 87 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland das Gefühl, immer oder meistens eine sinnvolle Arbeit zu verrichten. Damit liegt Deutschland leicht über dem EU-Durchschnitt von 85 Prozent.
Eine als sinnvoll erachtete Tätigkeit ist für die berufliche Identität und soziale Anerkennung wichtig (Jacobshagen/Semmer, 2018). Aufgaben hingegen, die als unnötig oder unzumutbar erachtet werden, greifen das Selbstwertgefühl an und lösen Stress und Unzufriedenheit aus. Doch der Sinn ist nicht objektiv per se in einer Tätigkeit vorhanden, sondern wird ihr von einer Person und durch gesellschaftliche Wertevorstellungen zugeschrieben.
Dafür ist zum einen wichtig, welche Bedeutung eine Person der Arbeit in ihrem Leben einräumt und zum anderen inwieweit sie diese als nutzenstiftend empfindet (Schaubild). Der empfundene Sinn in der Arbeit drückt sich darin aus, dass die Arbeit als bedeutsam für einen selbst und andere wahrgenommen wird, man sich selbst als Teil eines Ganzen begreift und die Ausübung der Tätigkeit im Einklang mit den eigenen Zielen und Wertvorstellungen liegt (vgl. Schnell, 2018).
Sinnerleben – Bedeutung und Erleben der Arbeit
Mit Blick auf die Generationsunterschiede gibt es Anzeichen, dass der Stellenwert von Arbeit für das eigene Leben bei der Generation Y und nachrückender Generationen etwas geringer ausgeprägt ist (Hardering, 2018). Der etwas höhere Stellenwert der Erwerbsarbeit für ältere Generationen, die stärker wirtschaftliche Unsicherheit erlebt haben, dürfte auch auf Existenzsorgen und die Sorge des Arbeitsplatzverlustes zurückzuführen sein. Jüngere Generationen haben hingegen aufgrund einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten Jahren mit hoher Arbeitsnachfrage stärker ihre Wünsche beispielsweise nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance bei der Wahl der Tätigkeit und des Arbeitgebers berücksichtigen können. Dagegen finden sich zwischen Personen verschiedener Generationen keine nachweislichen Unterschiede hinsichtlich der Ansprüche an eine sinnvolle und nutzenstiftende Tätigkeit. Es zeigen sich zwar altersbedingte Unterschiede, allerdings verändern sich die Prioritäten, Ziele und Einstellungen über den Lebensverlauf hinweg und sind stark durch die jeweilige Lebenssituation geprägt.
Umfrage zu Werten und Lebenseinstellungen nach Generationen 2020
Generationen in Deutschland nach Umfrage zu Wertorientierungen und Lebenseinstellungen, die wichtig und erstrebenswert sind nach Generationen im Jahr 2020
Generation Z (14-24 Jahre) | Generation Y (25-39 Jahre) | Generation X (40-54 Jahre) | |
---|---|---|---|
Viel Spaß haben, das Leben genießen | 81,2 | 70,7 | 64,2 |
Erfolg im Beruf | 63,6 | 64 | 57,2 |
Immer Neues lernen | 55,7 | 54,2 | 49,9 |
Hohes Einkommen, materieller Wohlstand | 49,9 | 47,1 | 40,2 |
Auseinandersetzung mit Sinnfragen des Lebens | 16,6 | 21,7 | 25,8 |
Quelle:Auszug ausIfd. Allensbach, 2020,Millenialsin Deutschland (statistaID1136705)
Darum spricht viel für eine betriebliche Personalpolitik zur Mitarbeitergewinnung und -bindung, die die Lebensphasen der Beschäftigten berücksichtigt und sich weniger an dem Generationsbegriff orientiert. Eine spannende Tätigkeit und eine Arbeit, in der man für sich und andere einen Nutzen sieht, ist ein nachvollziehbarer Wunsch jenseits aller Altersgrenzen. Ausschlaggebend dafür, wie Betriebe die Zufriedenheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern können, ist weniger das Alter, sondern vielmehr die Lebenssituation, in der sich diese befinden.
Literaturverzeichnis
- Hardering, 2018: Die Sinnsuche der GenerationY. Zum Wandel von Ansprüchen an den Sinn (in) der Arbeit, in:Badura et al.:Fehlzeiten-Report 2018, S. 75-83.
- Schnell, 2018: Von Lebenssinn und Sinn in der Arbeit. Warum es sich bei beruflicher Sinnerfüllung nicht um ein nettes Extra handelt, in:Badura et al.:Fehlzeiten-Report 2018, S. 11-21.